Wir würden so gern mal das Nordlicht sehen – so könnte man unsere Reise wohl umschreiben. Tatsächlich zieht es uns aber auch so schon immer wieder in den Norden. Die Aurora Borealis haben wir vor einigen Jahren Anfang September auf Island schon einmal verschlafen und uns hinterher elend geärgert. September und Oktober sollen ziemlich gute Nordlicht-Monate sein, zudem ziehen im Herbst auch die Rentiere – vielleicht haben wir ja diesmal mehr Glück, sehen das Himmels-Spektakel und vielleicht ja auch einmal etwas größere Herden statt nur wenige Tiere. Damit steht der Zeitpunkt unserer Reise in den hohen Norden fest. Und richtig Zeit wollen wir uns nehmen. Anfang September 2019 geht es los.
Tag 1 bis 3
Wir wollen möglichst schnell weit in den Norden und entscheiden uns für die Fähren Puttgarden-Rødby und Helsingör-Helsingborg. Für die Nacht bleiben wir an einsamer Stelle am Südende des Bolmen. Am nächsten Tag fahren wir auf dem Inlandsvägen weiter Richtung Norden. Ab Mittag wird es grau und beginnt zu regnen. Wir übernachten nördlich von Orsa im Helvetesdallen. Der Morgen des dritten Reisetages bringt schönes Wetter und blauen Himmel, in der Frühe sind es gerade einmal vier Grad, im Laufe des Tages steigt die Temperatur dann doch noch auf 14°. Irgendwo unterwegs geht die Motor-Warnleuchte an. Na toll. Ich hole unser OBD-Diagnosegerät hervor und schaue nach. Offenbar hat einer der zahllosen Sensoren mal wieder einen einzelnen Messwert ausserhalb der Toleranz gemeldet. Ich setze den Fehler zurück. Ohne das OBD-Gerät hätten wir nicht gewusst, was es für ein Fehler ist und hätten damit zu einer MB-Werkstatt gemusst. Der Fehler kommt nicht wieder, Glück gehabt.
Am Teknikland bei Östersund, einem Museum für Flugzeuge und Militärtechnik vom Zeitalter der Kanone bis zum Kalten Krieg, waren wir schon mindestens zweimal und immer hatte es es geschlossen. Als wir heute dort ankommen, ist die Saison leider auch schon wieder vorbei und die Sammlung in der Winterpause. Wir erreichen am Abend den Skarvsjön in Lappland und finden einen tollen Platz.
Tag 4
Das Wetter ist ätzend, grau, Regen und Dunst. Wir erreichen den Polarkreis, mögen aber kaum aussteigen. Beim samischen Wildhandel in Jokkmokk decken wir uns mit etwas Wurst und Fleisch von Ren und Elch ein. Wegen des anhaltend schlechten Wetters fahren wir nach dem Auftanken weiter. Bis Nattavaara bleibt die kleine BD818 Richtung Inari ungepflastert, bis zur finnischen Grenze wechselt die Straße dann dauernd zwischen Teer und Piste. Viel ist jedenfalls nicht los, wir begegnen nur wenigen Fahrzeugen. Etwa zwanzig Kilometer vor Finnland finden wir einen Übernachtungsplatz in der Nähe eines Naturreservats südlich von Erkheikki.
Tag 5
Der Tag beginnt mit Regen, wird aber langsam freundlicher. Bei Kolari überqueren wir den Grenzfluss Muonio Älv/Muonionjoki nach Finnland und wechseln hinter Levi auf die größtenteils ungeteerte Strecke in Richtung Inari. Ab Mittag beginnt leichter Nieselregen, aber das Licht bleibt irgendwie schön. Die Birken färben sich hier schon leicht frühherbstlich. In Inari haben wir diesmal nicht sehr viel Glück: Die besuchte Rentierfarm hat Ruhetag. Wir fragen bei den beiden Campingplätzen, ob wir gegen Entgelt Wasser auffüllen, die Toilette entsorgen und duschen dürften und werden ziemlich unfreundlich abgewiesen. Vielleicht liegt es daran, dass unser Esel vom Schmutz der vielen Pisten-Kilometer ziemlich furchterregend aussieht. Ein bisschen stört uns auch, wie touristisch der kleine Ort in den letzten Jahren geworden ist. Jedenfalls beschließen wir, gleich nach Kirkenes durchzufahren und kommen dort ziemlich spät an. Für die Suche nach einem schönen Platz ist es längst zu dunkel, wir landen schließlich auf einem ziemlich unattraktiven Stellplatz am Hafen, dessen ganze Hässlichkeit sich uns erst am nächsten Morgen offenbart.
Tag 6
Morgens schlafen wir mal länger, stehen erst um halb neun auf. Etwa einhundert Meter vor uns legt gerade die „Midnatsol“ der Hurtigruten an und es strömen jede Menge Menschen an Land. Wir nutzen trotz des leichten Regens erst mal die Möglichkeit zur Entsorgung und füllen Frischwasser auf. Danach geht’s in den Supermarkt und wir gönnen uns einen Besuch im Barentsbadet. Beim Bummel durch das Zentrum müssen wir enttäuscht feststellen, dass statt des Russenmarktes leider gerade mehrere Wahlkampf-Stände unterschiedlicher Parteien aufgebaut sind. Weiter geht es nach Grense Jakobselv, dem nordöstlichsten Ort Norwegens. Hier endet die Straße, vor uns liegt die Barentssee, auf der anderen Seite des flachen Grenzbachs sieht man einen russischen Wachturm und ein paar offenbar dazugehörige Gebäude. Die Grenze zur Russischen Föderation verläuft in der Bachmitte, zum Teil nur etwa fünf Meter neben uns. Diesmal bleiben wir aber nicht lange hier, wollen weiter zu Plätzen, an denen wir bisher noch nie waren. Auf dem Weg um den Varangerfjord in Richtung Vardø bleiben wir abends auf der Halbinsel Ekkerøya an einer tollen, einsamen Stelle mit wunderbarem Blick auf die Bucht.
Tag 7
Als ich um kurz vor fünf aufwache, ist die Sonne schon aufgegangen. Die Zeitzone (Mitteleuropäische Zeit) passt hier so weit im Osten überhaupt nicht zum Sonnenstand. Nach dem Frühstück geht es zunächst nach Kiberg, das Fischerdorf und seinen Hafen anschauen. Danach besuchen wir auf der über einen Tunnel erreichbaren Insel Vardø die Festung Vardøhus – die nördlichste Festung der Welt. Sie wurde um 1300 gegründet und bekam die noch heute erhaltene, achteckige Form um 1738. Wir erkunden die Anlage und die Ausstellung ausgiebig. Nachdem wir uns Insel und Ort etwas angesehen haben, fahren wir noch einmal weiter nach Norden in den kleinen Ort Hamningberg. Unterwegs begegnen wir mehrfach kleinen Grüppchen von Rentieren. Für die Nacht finden wir einen Platz abseits der Straße direkt am Ufer des Flusses Tana. Ganz in der Nähe sind Vorbereitungen für eine Viehverladung erkennbar und es sieht so aus, als ginge es um die Schafe, die man auf der gegenüber liegenden Insel sieht und hört. Dazu steht extra ein kleines Floß bereit, Wir sind gespannt, ob morgen von dieser Aktion etwas zu sehen sein wird.
Tag 8
In der Nacht hat es etwas geregnet, morgens ist es durchwachsen. Die Sonne ist nur sporadisch mal kurz zu sehen. Es ist niemand aufgetaucht, um seine Schafe zu „verschiffen“ – schade, das hätten wir gern beobachtet. Auf dem Weg nach Mehamn treffen wir dafür auf etwas, was wir am Anfang der Reise erhofft hatten: Zunächst nur ein paar, dann aber auch in kleineren Herden, manche davon sicherlich mit hundert Tieren. Das sind jetzt natürlich nicht tausende, aber wir sind ganz gefesselt vom Anblick! Das Wetter hat sich seit dem frühen Nachmittag auch deutlich gebessert, oft scheint die Sonne und es wird mit fast sechzehn Grad richtig angenehm. Je näher wir der Nordküste kommen, desto windiger wird es, aber auch die Wolkendichte nimmt ab. Nördlich vom Gamvik erkunden wir einen Teil der ehemaligen Küstenbatterie mit zahlreichen Bunkerruinen und Überresten. Am Abend bleiben wir ganz oben an der Küste, nur etwa vierhundert Meter vom Leuchtturm von Slettnes entfernt. Slettnes Fyr wurde in den Jahren 1900 bis 1905 erbaut und ist der nördlichste Festland-Leuchtturm der Welt – schon wieder ein „der-nördlichste-Superlativ“.
Tag 9
Wir stehen spät auf und probieren zum Frühstück die gestern in Lebesby gekauften Lefser, ein norwegisches Frühstücks-Gebäck aus Kartoffeln und Weizen- oder Roggenmehl. Die Dinger sind schwer, pappig und süß. Das muss man mögen. Die mittelfristige Wettervorhersage sieht vor allem für das Gebiet südwestlich von uns und eigentlich die gesamte Küste weiter südlich nicht so gut aus. Wir beschließen, uns noch ein paar Tage hier ganz oben herumzutreiben. Unsere Strecke führt um den Fjord herum auf die nächste Landspitze nach Veidnes. Luftlinie kaum mehr als dreißig Kilometer entfernt, sind es mit dem Auto mehr als zweihundert. Kurz vor Sonnenuntergang findet sich dann ein toller Übernachtungsplatz direkt am Porsangerfjord.
Tag 10
Wieder ausschlafen. Nach dem Frühstück geht’s weiter um den Porsangerfjord herum Richtung Süden. Am südwestlichen Ende des Fjordes schauen wir uns eine alte Bunkeranlage an, allerdings nur von außen. Ein Blick durch die Tür offenbart, dass die Decke nur provisorisch und schief mit ein paar Holzstämmen abgestützt wurde, was nicht so furchtbar vertrauenerweckend aussieht.
Nächstes Ziel ist das Nordkap. Zwar ist es streng genommen gar nicht der nördlichste Punkt des Festlands, da es auf einer Insel liegt, aber sei’s drum. Wir waren vor etwa vier Jahren bei der Baltic Rallye 2015 schon einmal dort und fanden es eigentlich nur furchtbar touristisch und viel zu teuer. Trotzdem, es wäre irgendwie auch blöd, es jetzt auszulassen. Etwa dreißig Kilometer Luftlinie südlich vom Nordkap finden wir in der Nähe der Ruinen einer Küstenbatterie an einem wenig befahrenen Weg im Fjell einen tollen Platz für die Nacht. Wir bleiben ganz allein, nur einmal kommt ein Pickup vorbei, dessen Insassen offenbar an einem Gebäude am Fjord etwas zu tun haben. Heute waren es bis zu achtzehn Grad in der Sonne, jetzt am Abend haben wir fast klaren Himmel und es ist ziemlich windig und kühl.
Tag 11
Die Erinnerung an das Nordkap als teuren Touristen-Nepp hat leider nicht getäuscht. Die Realität ist sogar noch übler: An der Einfahrt werden 570 Kronen, also umgerechnet über 57 Euro, für Eintritt und die Tages-Parkgebühr aufgerufen. Das empfinde ich selbst für die teuren, norwegischen Verhältnisse als unverschämt. Nie wieder – Flucht in Richtung Hammerfest.
Die Wettervorhersage für heute Abend und die kommenden Tage sieht nicht besonders gut aus. Leider bewahrheitet sich das schon kurz vor Hammerfest in Form ergiebigen Regens. Wir bleiben ein paar Kilometer nordöstlich der Stadt auf einem Parkplatz direkt am Meer.
Tag 12
Hammerfest, die nördlichste Stadt der Welt – damit wirbt der Ort. Das bezieht sich sicherlich auf die Stadtrechte, denn natürlich gibt es weiter nördlich auch noch Orte. Aber tatsächlich ist Hammerfest schon ziemlich groß für die Verhältnisse hier oben und verfügt auch über allerlei Geschäfte und Infrastruktur. Es fühlt sich tatsächlich eher nach Stadt an als beispielsweise Kirkenes. Gegen Mittag klart es auf und wir treiben uns etwas am Hafen und oberhalb der Stadt herum. Auch hier treffen wir auf ein Hurtigruten-Schiff, diesmal die „Lofoten“.
Später in Alta regnet es wieder, wir kaufen für das bevorstehende Wochenende ein – frischen Lachs, etwas Rentierfleisch, Gemüse und ein paar „ganz normale Sachen“. Etwas weiter finden wir dann auch ein Plätzchen oberhalb des Jøkelfjorden bei Saltnes. . „Jøkel“ heißt „Gletscher“ und tatsächlich ist ein kleiner Teil des großen Øksfjordjøkel von hier aus gut zu sehen. Heute gibt’s den Lachs aus der Pfanne. Was will man mehr?
Tag 13
Am Morgen ist es immer noch grau und regnet etwas. Als wir losfahren, beginnt es aufzuklaren, die Wolken verziehen sich und gegen Mittag präsentiert sich der schönste blaue Himmel. Aber es ist auch kälter geworden, die Temperatur klettert nicht mehr über die Zehn-Grad-Marke. Wir nehmen die alte Strecke der E6 um den Kvænangen herum. Der Abschnitt am Westufer ist nur eine Piste und es ist nicht viel Verkehr. Leider hat die neuere E6 uns schon bald wieder. Am Reisa Nationalpark rund 45km südlich von Storslett erwarten uns ein total überfüllter Parkplatz und eine Menge Leute. Es ist Samstag und schönes Wetter, da zieht es einfach viele in die Natur. Für uns viel zu viel Trubel, wir kehren um. Der Plan, irgendwo bei Sjervøy zu übernachten, scheint nicht die beste Idee zu sein – über der Insel hängt ein dicker Dunst- und Wolkenteppich und es regnet sogar etwas. Kehrt Marsch. Kurz vor Sonnenuntergang landen wir erneut im Reisa Nationalpark, diesmal aber in der Nähe von Birtavarre. Zwar sind wir auch hier nicht alleine, aber außer uns campen hier nur noch wenige Leute in zwei Fahrzeugen.
Tag 14
Nach dem Aufwachen ist leichten Regen auf dem Dach zu hören. Es ist irgendwas zwischen dunstig und bedeckt und auch ziemlich windig. Ein paar Spiegeleier mit Bohnen und ein Honigbrot später steht fest, dass es trotz des Wetters erstmal weiter ins Fjell hinaufgeht. Die Piste ist fest, aber derart übersät mit tiefen Schlaglöchern, dass kaum mehr als 10km/h möglich sind. Sämtliche Gewässer- und Gemarkungsnamen hier oben klingen finnisch, die Grenze ist auch tatsächlich gerader einmal zehn Kilometer Luftlinie entfernt. Auf fast 800m ü.NN ist es jetzt beinahe stürmisch, die Außentemperatur liegt nur noch bei zweieinhalb Grad und der vom Wind quer getriebene Regen verwandelt sich langsam in Graupel.
Eigentlich wollten wir mindestens bis zum Guolasjärvi, aber die Strecke ist auf Grund eines Schafauftriebs gesperrt. Schade. Wir drehen um und fahren weiter Richtung Tromsø. Als wir dort ankommen, geht die Sonne schon unter und wir suchen uns erst mal einen Platz für die Nacht. Den finden wir schließlich auf einem schönen Wanderparkplatz oberhalb von Finnvik. Bis etwa Mitternacht hoffen wir Nordlicht, der Himmel ist endlich auch nachts einmal klar, aber der Kp-Index ist wohl heute zu gering.
Tag 15
Heute ist erst mal Versorgung angesagt – Einkaufen, Wasser auffüllen etc.. Auf der kleinen Insel Hakøya westlich von Tromsø steht ein Gedenkstein an die Versenkung des Schlachtschiffes Tirpitz, das im November 1941 hier vor der Küste unterging. Wir wollen die größere Insel Kvaløya umrunden und starten im Uhrzeigersinn. Im Vergleich zu unserer bisherigen Tour ist es hier ziemlich dicht besiedelt, aber trotzdem schön (wozu sicher auch das sonnige Wetter beiträgt). In Brensholmen fahren wir einfach zum Gucken mal zum Fähranleger. Die Fähre nach Senja ist schon vor einigen Tagen in die Winterpause gegangen, liegt aber am Anleger und wird offenbar gerade winterfest gemacht oder es werden Wartungsarbeiten durchgeführt. Ein Abstecher bringt uns auf die über Brücken erreichbaren, kleinen Inseln Sommerøya und Hillesøya. In den ebenso kleinen Inselorten werden gerade Schneezeichen (Markierungs-Stangen) am Straßenrand aufgestellt und wir gewinnen auch sonst den Eindruck, dass hier gerade die sprichwörtlichen „Fußwege für den Winter hochgeklappt“ werden. Aber auch diese Ausstrahlung hat ihren Reiz für uns. Auf der Weiterfahrt finden wir am Ende des Nordfjorden einen richtig schönen Platz für uns, direkt am Wasser. Mitten in der Natur, ein Stück von uns entfernt und irgendwie völlig deplatziert wirkend, liegt ein großes Schiff in der Flussmündung vor Anker. Laut Internet ist es ein Spezial-Frachter und über 126m lang. Es hat Teile riesiger Windräder am Bord, die hier entladen werden.
Tag 16
Am frühen Vormittag klart die Bewölkung der Nacht etwas auf. Wir wollen weiter zur Insel Senja, machen uns aber etwas Sorgen über die Wettervorhersage – die prophezeit für fast die gesamte norwegische Küste regnerisches Wetter mindestens über die nächsten zehn Tage. Auf der Weiterfahrt gibt es dann zwischen Tromsø und Finnsnes etwas Regen, aber nicht besonders viel. Auf Senja angekommen, fahren wir erst mal nach Westen und besuchen das Freilichtmuseum Kaperdalen. Eigentlich ist es kein wirkliches Museum, sondern eine kleine Sami-Siedlung, die schon vor 1890 verlassen wurde und nun museal erhalten wird. Es gibt keine Kasse, Führungen oder ähnliche Infrastruktur, nur einen leicht zu übersehenden, unbefestigten Parkplatz neben der Straße und einen schmalen Pfad bergab. Zu sehen sind die typischen, grasüberdeckten Erdhäuser und Bauten aus Holz und Birkenrinde. Wir sind ganz allein und können alles in Ruhe erkunden – richtig interessant. Einige Kilometer weiter treiben einige Sami Rentiere zusammen. Wir wollen nicht stören und machen nur von weitem ein paar Fotos. Die Sonne steht schon tief und wir brauchen noch einen Platz für die Nacht – den wir ganz am Ende der Straße westlich von Grunnfarnes auch finden. Direkt am Fjord und mit Sicht auf die rund dreißig Kilometer entfernten Lofoten.
Tag 17
Wir wachen bei Sonnenschein und fast blauem Himmel auf. Als wir die lange Sackgasse, in der wir uns befinden, zurückfahren, kommen wir erneut an den vielen Rentieren vorbei. Das Wetter ist über die Insel verteilt total unterschiedlich und wechselhaft. Die Landschaft auf Sernja ist schön und abwechslungsreich, aber weniger spektakulär als etwa auf den Lofoten. Dafür ist es nicht so voll. Als es immer grauer und nasser wird, verlassen wir die Insel und fahren mehr oder minder entlang der Küste Richtung Westen. In Sørrøllnes nehmen wir die vorletzte Fähre, essen an Bord noch einen Hot Dog und kommen im Dunkeln in Harstad an. Einen Platz finden wir dann nördlich des Ortes an der Landspitze Trondnes. Nicht ideal, aber ok und ruhig.
Tag 18
Das Wetter ist so richtig schlecht. Manchmal scheint für zehn oder fünfzehn Minuten die Sonne, bevor der nächste, meistens langanhaltende Regenguss kommt. Und da wird es dann richtig grau, diesig und die Tropfen kommen ergiebig und oft dazu noch von der Seite. In Svolvær halten wir kurz, fahren dann aber noch ein gutes Stück weiter, umrunden Gimsøya und landen abends oberhalb des Skifjorden etwa zehn Kilometer östlich von Leknes.
Tag 19
Der Tag beginnt mit besserem Wetter als angekündigt. Wir kaufen in Leknes erst mal ein und machen uns auf den Weg in Richtung Westen. Nach Å, dem Ort mit dem merkwürdig kurzen Namen am Südende der Lofoten, wollen wir aber diesmal nicht – dort war uns immer etwas zu viel los. Für uns ist dieses Mal in den malerischen Inselörtchen Hamnøy und Sakrisøy Endpunkt. In Sakrisøy essen wir in Anitas Sjømat einen leckeren, aber auch echt teuren Fisch-Burger. Gestärkt geht es wieder zurück, diesmal nach Henningsvær, einem kleinen total hübschen Fischerort. Nach einem Foto-Bummel bleiben wir für die Nacht nur etwa einen Kilometer nördlich des Ortes auf der kleinen Insel Engøya.
Tag 20
Heute steht als Erstes noch eine Fototour durch Henningsvær auf unserm Plan, diesmal mit Sonnenschein und freundlicherem Licht. Das Wetter bleibt auch nachmittags, abgesehen von ein paar kurzen Schauern, schön – blauer Himmel mit ein paar Wolken, aber dazu ein kalter Wind. Wir nutzen die Möglichkeit, an der Marina in Svolvær unsere Wäsche zu waschen. Waschmaschine und Trockner sind nicht die schnellsten, so dass das Ganze leider den größten Teil des Nachmittags in Anspruch nimmt. Als wir fertig sind, hat das Krigsmuseum leider schon geschlossen, samstags ist dort schon um 15:00 Uhr Feierabend. Da wir immer noch auf Nordlicht hoffen, wollen wir noch einige Tage im Nordland verbringen, aber die selbst jetzt im Herbst noch gut besuchten Lofoten hinter uns lassen. Am Vestfjorden geht es Richtung Bjerkvik weiter, nach Sonnenuntergang parken wir auf einer Landspitze am Ofotfjord bei Evenes.
Tag 21
Kurz hinter Bjerkvik läuft die E10 in die Berge Richtung Abisko und Kiruna, also hinüber nach Schweden. Die Strecke ist ziemlich groß ausgebaut und läuft größtenteils durch richtig schöne Fjell-Landschaft. Im ansonsten winzigen Grenzort Riksgränsen auf schwedischer Seite gibt es gleich mehrere Supermärkte, die sich eindeutig auf norwegische Kundschaft spezialisiert haben. Besonders Artikel, die in Norwegen hoch besteuert sind wie etwa Bier, Süßigkeiten usw. gibt es hier deutlich günstiger und meist gleich in Großpackungen. Tatsächlich sind die Parkplätze voller norwegischer Fahrzeuge und die Leute schleppen riesige Einkäufe zu ihren Autos. Wir begnügen uns mit der normalen Aufstockung unserer Vorräte und kaufen lediglich noch ein selbst zusammengestelltes „Probier-Sortiment“ aus dem überwältigend breiten Angebot an losem Zuckerkram.
Die Sonne scheint während der Fahrt auf das herbstlich gefärbte Fjell – ein toller Anblick, der in Fotos kaum festzuhalten ist. Die Erzbahn von Kiruna nach Narvik, die das in Schweden geförderte Erz in den norwegischen Hafen bringt, läuft auf der gesamten Strecke immer parallel zur Straße, nur der Abstand variiert. Mitten im scheinbaren Nichts gibt es auch immer wieder alte Bahnhöfe am Gleis, die natürlich aus Holz und mit der typischen, roten Farbe gestrichen sind. Hier wirken sie fast wie vergessen.
Schließlich begehen wir dann doch noch einen Fehler, den wir eigentlich nicht machen wollten: Wir fahren nach Kiruna hinein. Bei allem Respekt, diese vom Bergbau und ein wenig von der schwedischen Raketen- und Raumfahrtindustrie lebende Stadt ist- mit Verlaub – einfach nicht gerade schön. Ein großer Teil der Architektur besteht aus eher unansehnlichen Plattenbauten und wenig attraktiven Wohnblocks. Das Stadtbild erinnert beinahe eher an sozialistische Postmoderne als an Nordskandinavien.
Für die Nacht bleiben wir auf einem Parkplatz am See Torneträsk etwa zwanzig Kilometer östlich von Abisko. Der Kp-Index liegt deutlich über 4, aber der Himmel ist in der Nacht total bedeckt. Wieder keine Aurora.
Tag 22
Die Somme schaut am Morgen wieder freundlich vom Himmel, aber hier oben auf etwa vierhundert Meter über dem Meer ist es doch etwas frisch – das Thermometer zeigt minus drei Grad. Wir frühstücken und schauen dabei interessiert zwei Frauen zu, wahrscheinlich Sami, die ein Quad und ein 6×6-UTV sorgfältig beladen und damit ganz offenbar auf Jagd fahren wollen. Wir brechen auf nach Narvik und kaufen dort noch einige Sachen ein, die wir in kleineren Orten nicht bekommen haben. Der Himmel ist inzwischen wieder fast vollkommen bedeckt, aber es bleibt trocken. So weit es möglich ist, meiden wir auf der Weiterfahrt die große E6 und erkunden kleinere Straßen. Gegen 18:00 Uhr finden wir einen schönen Platz über dem Wasser bei Skarstad mit direktem Blick auf die Insel Tjeldøya und die Lofoten in der Ferne, über denen der Abendhimmel tieforange leuchtet.
Tag 23
In Skarberget warten wir bei feinstem Sonnenschein auf die Fähre nach Bognes und sind glücklich, den weiten, aber schönen Umwegs rund um den Ofotfjord genommen zu haben, statt von den Lofoten direkt nach Bognes überzusetzen. Es wird richtig „warm“, bei elf Grad im Schatten ist es in der Sonne echt angenehm. Wir erkunden die große Halbinsel südwestlich von Innhavet und die Insel Engløya. Hier gibt es viel Landwirtschaft, Kühe, Pferde und Wiesen statt Rentier und Fjell. Auf dem Rückweg über die einzige Zufahrtsstraße finden wir dann einen tollen Übernachtungsplatz direkt am Sagfjorden und werden wieder mit einem spektakulären Sonnenuntergang verwöhnt. Bis fast zwei Uhr nachts beobachten wir den Himmel und sehen zumindest ganz, ganz schwaches Nordlicht. Immerhin, ein kleiner Erfolg.
Tag 24
Es geht weiter nach Fauske und Bodø. Beide Orte finden wir eher „na ja“ und machen uns jeweils nach relativ kurzer Zeit wieder aus dem Staub. Vielleicht liegt es auch gar nicht an den Orten, wir sind einfach keine Stadtmenschen. Am späten Nachmittag fahren wir auf die Halbinsel Straumøya, wo wir wieder eine wirklich tolle Stelle für die Nacht finden, fast gegenüber von Bodø, direkt am Ufer des Saltfjorden. Auf dieser Reise haben wir damit bisher wirklich außerordentlich viel Glück. Kurz nach 22:00 Uhr entdecke ich einen fahlen, grünen Streifen am Himmel über Bodø. Wir holen die Stative hervor, fotografieren und staunen über das fantastische Licht-Schauspiel, das die Aurora Borealis uns noch bis halb eins in der Nacht bietet. Wir sind total durchgefroren, aber auch unheimlich glücklich über das Erlebnis.
Tag 25
Auf dem holprigen Weg zurück zur Straße begegnen wir im Wald drei Elchen. Die sind über uns anscheinend ebenso erstaunt wie wir über sie. Sie bleiben kaum fünfzehn Meter entfernt stehen und wir beobachten uns eine ganze Weile gegenseitig. Nach einigen Minuten wird unser Wagen scheinbar uninteressant und sie ziehen ihrer Wege. Nur etwa zehn Kilometer entfernt ist der Saltstraumen, der stärkste Gezeitenstrom der Erde. Hier drückt die Tide Millionen von Kubikmetern Wasser durch einen schmalen, flachen Bereich zwischen zwei Landmassen. Wir hoffen auf ein paar gut sichtbare Strudel und Strömungen, aber das Ganze sieht heute gar nicht so spektakulär aus. Vielleicht ist einfach gerade der falsche Zeitpunkt. Wir fahren nach Løding, um erst mal ein paar Dinge zu erledigen. Als wir nach etwa zwei Stunden wiederkehren, hat sich im Wasser nicht viel verändert. Wir geben der Sache eine dritte Chance und machen einen Abstecher, etwa sechzig Kilometer auf der 17 nach Novika. Doch auch auf dem Rückweg am späten Nachmittag keine allzu große Veränderung am Saltstraumen. Vielleicht ist der Tidenhub heute einfach relativ schwach?
Es wird auch langsam Zeit, einen Platz für uns zu suchen. Den finden wir an einer kleinen, unasphaltierten Straße am Fjord in der Nähe von Mjønes. Nur ein kleines Stück weiter ist der Weg offenbar blockiert, so dass uns hier bestimmt niemand stören wird – und wir vor allem niemanden stören. Als ich in der Nacht noch einmal hinaus schaue, um vielleicht noch ein paar Fotos vom Nachthimmel zu machen, sehe ich im Norden über dem Ford einen schwachen, grünen Schimmer – Nordlicht. Lange nicht so stark und spektakulär wie gestern, aber mit der Spiegelung im Wasser trotzdem wunderschön.
Tag 26
Der Tag beginnt spät und ziemlich windig, aber die Sonne scheint. Wir machen uns auf den Weg zur E6 und weiter nach Süden. Das Raudarfjellet auf 600-700m sehen wir heute zum ersten Mal ohne Schnee – bei unseren früheren Besuchen war es immer mehr oder minder weiß. Hier verlassen wir auch den Polarkreis, fast ein bisschen wehmütig. Nach einem kurzen Besuch in Mo i Rana geht es weiter, wir biegen ein Stück hinter Korgen auf kleinere Straßen ab und landen erst ziemlich spät am Abend am Hafen von Akvika. Trotz schützenden Bewuchses ist es ziemlich windig, der Esel wackelt ganz ordentlich. Der Platz ist nicht so toll wie unsere vorherigen, aber ok für die Nacht.
Als wir gerade essen, piepst die Nordlicht-App – Kp-Index 5. Und tatsächlich, der vorhin noch bedeckte Himmel ist frei und die Aurora ist da! Wir greifen die Fotoausrüstung und gehen hinunter zum Bootssteg, wo man zumindest in zwei Richtungen einigermaßen freie Sicht hat. Diesmal ist das Nordlicht richtig kräftig und fast überall am Himmel, wir sind mitten drin und total geflasht. Gänsehaut!
Tag 27
Die Wettervorhersage verspricht nicht allzu viel und tatsächlich sieht der Himmel heute grau und trist aus. Wir schauen uns an, wo es potentiell besser sein könnte. Wie es aussieht, wohl nirgends so richtig – vielleicht etwas weiter östlich Richtung schwedischer Grenze. Wir machen einen Schlenker über Mosjøen zum Ver-/Entsorgen, Einkaufen und Tanken, danach fahren wir die E6 nochmal ein kleines Stück hinauf nach Korgen und biegen dort nach Osten ab. In der bewaldeten, von Seen, Bächen und Flüssen durchzogenen Gegend treffen wir zahlreiche Jäger – vielleicht einfach auch nur, weil heute Samstag ist? Das Wetter verschlechtert sich noch, es wird dunkler und noch grauer und es nieselt leicht. Heute ist dann mal etwas früher „Feierabend“ an einem netten Platz direkt am Ufer des Tustervatnet. Zur Abwechslung kommt heute noch schnell eine Bratwurst auf den Grill, bevor es richtig zu regnen beginnt
Tag 28
Es regnet ziemlich ordentlich und will gar nicht richtig hell werden. Wir gucken uns die Wetter-Landkarte für die nächsten Tage an und sehen, dass „unser“ Regengebiet ziemlich groß ist und heute noch Richtung Süden von uns wegziehen soll. Dafür ist von Westen her ein noch größeres auf dem Weg zu uns. Am besten sieht es eigentlich noch ein Stück südwestlich im schwedisch-norwegischen Grenzgebiet aus. Und genau da fahren wir hin. Wir landen gleich hinter der Grenze in Schweden auf einer schmalen Landzunge im See, machen ein Lagerfeuer und genießen den Abend.
Tag 29
Die Sonne scheint, aber es ist ziemlich kalt – ein Grad und ein unangenehmer, kalter Wind. Westlich, südlich und östlich erwarten uns in den nächsten Tagen zum Teil Temperaturen bis minus Zehn Grad und viel Niederschlag – hier als Regen, da als Graupel, dort als Schnee. Bewaffnet mit diesen Erkenntnissen beschließen wir, in Grong noch ein paar Dinge zu erledigen und dann einen Streckentag in Richtung Kristiansund einzulegen. Das tun wir auch und erreichen um etwa 22:00 Uhr Botnen am Valsøyfjorden.
Tag 30
Der Plan scheint funktioniert zu haben – auf der gesamten Atlantik-Straße haben wir schönes Wetter, nur von ein paar kurzen, harmlosen Schauern unterbrochen. Wir fahren noch einen Umweg über den Fischerort Bud und erkunden verschiedene Nebenstrecken, bevor wir gegen Abend einen Platz in der Nähe der Fähre Sølsnes ansteuern.
Tag 31
Unser Vorhaben, über den Trollstigen, das Fjell unterhalb des Dalsnibba zum Langvatnet und schließlich auf dem Gamle Strynefjellsvegen zu fahren, ist leider dahin. Drei Sperrungen wegen Schnee vereiteln diesen Plan. Glücklicherweise werden solche Informationen von der norwegischen Straßenbehörde (Vegvesen) im Internet ständig aktuell gehalten. Wir disponieren notgedrungen um, fahren zurück nach Molde, nehmen die Fähre nach Vestnes und folgen der Küste – netterweise bei sonnigem Wetter. Am späten Nachmittag erkunden wir eine alte Küstenbatterie in der Nähe von Kvitneset. Als Wolken, Dunst und Regen aufziehen, bleiben wir einfach an diesem schönen, einsamen Platz und freuen uns auf das für morgen angekündigte, gute Wetter. Vor unserer Nasenspitze fährt die „Trollfjord“ der Hurtigruten-Reederei durch den Sulafjord und es zieht langsam etwas Nebel auf. Abends sehe ich auf der Traffik-Website, dass zumindest der Trollstigen wieder freigegeben wurde. Umdrehen erscheint uns aber blödsinnig, die anderen Strecken, die uns weit wichtiger wären, bleiben weiterhin gesperrt. Pech gehabt.
Tag 32
Wir verschlafen etwas und kommen erst unheimlich spät los. Das Wetter ist traumhaft schön und das Thermometer klettert auf elf Grad. Mit der Fähre setzen wir über nach Koparnes und folgen den Rest des Tages verschiedenen Fjorden. Grandiose Landschaften. Unser Übernachtungsplatz in der Nähe der Landspitze Kråkenes liegt etwa zweihundert Meter über dem Meer, hat einen tollen Blick und ist leider auch ziemlich windig. Der Esel wackelt und schwankt in den Böen und wir sind gespannt, wie wir schlafen werden.
Tag 33
Der Winter nähert sich mit Riesenschritten. Eigentlich hatten wir vor, noch einige Bergstrecken zu befahren, aber bei den meisten davon ist das inzwischen nicht mehr möglich. Im gesamten südlichen Inland gibt es Schnee und Frost, zum Teil fallen die Werte nachts auch in niedrigeren Lagen auf minus fünf bis minus zehn Grad. Das ist uns auf die Dauer zum Übernachten dann doch etwas zu frisch. Wir halten uns mehr oder minder küstennah, grob in Richtung Bergen. Zwei Fähren und ziemlich viele Kilometer weiter stehen wir spät am Abend in der Nähe des Museums und der ehemaligen Torpedobatterie Herdla auf einem ruhigen Parkplatz mit Ver- und Entsorgungsmöglichkeit.
Tag 34
Auf unserer Route liegen heute zwei besonders lange Tunnel – der Jondalstunnel mit einer Länge von 10.400m und Norwegens drittlängster Tunnel, der Folgefonnatunnel mit 11.150m. Nicht, dass wir Tunnel besonders interessant fänden, aber solche Ingenieurleistungen sind ja schon etwas Besonderes. Wir wollen ein Stück hinauf Richtung Gletscher, zum Øvre Buerbreen. Am Parkplatz treffen wir unerwartet auf eine Schranke, die sich aber öffnet. Als wir später wieder fahren wollen, öffnet sich die Ausfahrt nur gegen ein „Lösegeld“ von 150 Kronen (ca. 15 Euro). Norwegische Preise… 🙁 Gegen Abend finden wir einen guten Platz am Ålfjord an der Skjeljavikneset.
Tag 35
Der Morgen ist noch grau, die Sonne schaut erst gegen neun über die Berge hinter uns, um den Hochnebel zu vertreiben. Hauptsächlich über Nebenstrecken starten wir gen Stavanger. Das tolle Wetter schreit danach, noch einmal für ein paar Fotos zu den Schwertern im Fels (Sverd i Fjell) vorbei zu schauen. Beim letzten Besuch vor einigen Jahren hatten wir Grützwetter, heute passt alles prima. Was nicht passt, ist das Überdach der nächsten Tankstelle – es fehlen ein paar Millimeter und wir brechen unseren Antennenfuß ab. Glück im Unglück, die Solarpanel haben nichts abbekommen.
In der Gegend südlich von Stavanger finden wir es nicht so interessant, die Landschaft ist flach und rein landwirtschaftlich genutzt. Wir fühlen uns irgendwie fast wie in Dänemark und drehen nach Osten in Richtung Inland ab. Natürlich verzetteln wir uns mal wieder, fangen viel zu spät mit der Suche nach einem schönen Stellplatz an (was uns irgendwie öfter passiert) und finden dann auch erst bei Dunkelheit etwas in der Nähe von Moi. Laut Prognose wird es kalt heute Nacht, voraussichtlich etwa minus vier Grad. Schauen wir mal.
Tag 36
Draußen ist alles voller Raureif, die Pfützen zugefroren. Minus fünf Grad sind es am frühen Morgen, erst gegen neun schaffen es die ersten Sonnenstrahlen über die Baumwipfel. Die Heizung hat gut funktioniert, wir haben nicht gefroren und eingefroren ist auch nichts. Nach dem Frühstück geht es zum Kvåsfossen, nur ein paar Kilometer weiter. Der Wasserfall ist nicht riesig und auch nicht sehr hoch, aber trotzdem allein auf Grund der donnernden Wassermassen ziemlich beeindruckend. Der feine Nebel über der Gischt vereist auf der Fußgängerbrücke und wir müssen aufpassen, nicht auszurutschen. Der Kvåsfossen ist auch Norwegens längste Fischtreppe – auf 200 Meter Länge überwinden die Lachse bei ihrer Wanderung zu den Laichplätzen hier über 46 Stufen insgesamt zwanzig Meter Höhenunterschied. Zu dieser Jahreszeit sind natürlich keine Lachse da. Auf Nebenstrecken fahren wir nach Nordosten auf Larvik zu. Die Fähre nach Hirtshals haben wir gestern noch gebucht. Einen schönen Platz an der Küste finden wir abends direkt südlich von Langesund an einer Landspitze.
Tag 37
Das Wetter ist schlecht, seit etwa drei Uhr nachts regnet es in einem fort. Wir haben nur etwa vierzig Kilometer zur Fähre und noch reichlich Zeit. Im Norden von Porsgrunn schauen wir uns trotz des Regens eine Kirchenruine an, trödeln durch die Landschaft, gönnen uns einen letzten norwegischen Hot Dog (von denen wir in den letzten Wochen ganz unterschiedliche Qualitäten hatten) und stellen uns nachmittags irgendwann in die Warteschlange am Terminal in Larvik.
Die Fähre ist nicht besonders voll. Wir nutzen die Überfahrt für das Buffet-Restaurant und bedienen uns hauptsächlich an allerlei Fisch-Variationen. Lecker, aber auch norwegisch teuer. Pünktlich um 21:15 Uhr legen wir in Dänemark an. Nach Hause schaffen wir es heute nicht mehr und bleiben in der Nähe von Bjerget/Gjol. Nachts hören wir die Wildgänse, die wie wir auf dem Weg nach Süden sind.
Zuletzt geändert: 25.06.2022