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Blog-Artikel über die „richtige“ Reiseplanung gibt es ja schon reichlich und genau so ein Beitrag brachte mich wieder einmal auf verschiedene Gedanken zu diesem Thema. Die meisten Tipps dieser Art richten sich an Menschen, die „herkömmlich“ reisen, sehr viele beziehen sich auf Backpacking und wenn sich ein solcher Beitrag eher mit Offroad-Reisen befasst, geht es häufig eher darum, welches technische Equipment unbedingt mit sollte, wie und mit was man am besten navigiert oder wie man die Kosten eines Overlanding-Trips abschätzt und kalkuliert. Da wir aus vielen dieser ganz unterschiedlichen Ansätze immer wieder einzelne Punkte gelernt und für uns adaptiert haben gibt es heute einmal ein paar Informationen darüber, wie wir an die Planung unserer Reisen herangehen – in der Hoffnung und Annahme, dass vielleicht für andere etwas Nützliches dabei ist.

Schaut man sich Messen und Treffen der Offroad- und Overland-Szene an und spricht mit anderen Besuchern, stellt man schnell fest, dass sehr viele von ihnen von „der großen Reise“ träumen, vom Trip um die Welt oder der Durchquerung eines Kontinents. Die meisten Leute können sich diesen Traum aber aus unterschiedlichsten Gründen nicht oder zumindest noch nicht erfüllen und sind auf die kleinen und mittleren Fluchten angewiesen, die sich in einem mehr oder minder langen Urlaub unterbringen lassen. Ab dieser Gemeinsamkeit unterscheiden sich die Wünsche und Vorstellungen und damit auch die Vorgehensweisen bei der Planung sehr voneinander:

Geführte Offroad-Reise?

Die steigende Zahl und der Erfolg der Anbieter geführter Offroad-Reisen basieren sicher zumindest zu einem Teil auch darauf, dass nicht jeder Reisewillige Lust oder Zeit hat bzw. in der Lage ist, seinen Trip selbst zu planen. In der Gruppe reist man sicher, lernt neue Leute kennen, hat einen erfahrenen Guide , kann die Verantwortung zumindest teilweise abgeben und muss sich um nichts oder nur wenig kümmern. Das sind Vorteile, die besonders für unerfahrenere Reisende und/oder bei bestimmten Reisezielen unbestreitbar sind. Dem gegenüber stehen aber auch Nachteile: Was ist, wenn man irgendwo länger als vorgesehen bleiben oder etwas besuchen möchte, das nicht im Reiseplan steht oder man Leute in der Gruppe hat, mit denen man sich partout nicht verträgt? Selbstverständlich kostet so eine geführte Tour unter dem Strich auch deutlich mehr, der Veranstalter muss (und soll) für seine Dienstleistung schließlich auch etwas verdienen und hat Kosten zu decken. Die Vor- und Nachteile muss man einfach für sich selber abwägen.

Wie Du planst, so reist Du …

Wer selbstorganisiert reisen möchte, muss nicht nur unterwegs, sondern auch bereits bei der Planung seinen eigenen Weg finden. Manche mögen es, vollkommen ohne weitere Pläne, vielleicht nur mit einem bestimmten Land als Ziel, „ins Blaue“ zu fahren, unterwegs mal in den Reiseführer zu schauen und alles andere auf sich zu kommen zu lassen. Andere planen ihren Trip von A-Z aufs Datum genau im voraus und bleiben dann auch strikt bei dieser festgelegten Route. Wer überhaupt selbst planen möchte, wird seine individuelle Planungsstrategie wahrscheinlich irgendwo zwischen diesen beiden Extremen finden. Ein „richtig“ oder „falsch“ gibt es da bestimmt nicht, zum Schluss muss die Reise einfach zu den eigenen Erwartungen und Vorlieben passen. Manche Tipps und Tools erweisen sich aber vielleicht ganz unabhängig davon als praktisch und hilfreich.

Die große Wunschliste der kleinen Ziele

Dreh- und Angelpunkt all unserer Planungen ist eine Sammlung unserer kleinen und großen Sehsuchtsorte, die wir in Google Earth als Waypoint-Sammlung pflegen. In einer nach Ländern aufgeteilten Ordnerstruktur sammeln wir unabhängig von unseren zukünftigen Reiseplänen Orte, an die wir gerne reisen würden. Gemeint sind hier nicht vage Zeile wie etwa „Ich wollte schon immer mal nach XY-Land/ABC-Stadt“, sondern ganz konkrete, quasi metergenaue Ortsmarkierungen. Das können Orte sein, von denen wir einfach ein unheimlich schönes Foto im Netz gefunden haben, eine Sehenswürdigkeit, von der wir gelesen oder gehört haben, eine besonders schöne Strecke, die wir bei Wikiloc oder anderswo gefunden haben, ein Campspot, von dem wir durch Bekannte erfuhren, ein wundervoller Ort, an den wir irgendwann einmal zurückkehren möchten oder Ähnliches. In jedem Fall befassen wir uns schon zu diesem Zeitpunkt etwas intensiver mit diesem Wunschziel und fügen dem Waypoint auch gleich einige Infos, Anmerkungen und Links hinzu, auf die wir dann irgendwann später unterwegs zurückgreifen können. Hat man Zeit und Lust, sich mal wieder eine Stunde mit einem Zielland zu befassen oder stößt zwischendurch auf einen interessanten Ort, landen die gefundenen Highlights sofort als Waypoints in der Datenbank. Hilfreich für die Übersicht ist es dabei, die Punkte in den einzelnen Länder-Ordnern nochmals in Unterordner (z.B. für Routen, Sehenswürdigkeiten, Campingplätze o.ä.) zu unterteilen und die Möglichkeit zur Nutzung unterschiedlicher Icons zu nutzen, um z.B. „Must See“- und „Wäre ganz nett“-Punkte auf den ersten Blick voneinander unterschieden zu können.

Auf diese Weise entsteht im Laufe der Zeit eine große Datenbasis für die Planung der nächsten Trips und die Beschäftigung mit den Zielen macht (zumindest uns) immer Lust und Vorfreude auf die kommenden Reisen Darüber hinaus lernt man natürlich auch jede Menge dazu. Das Ergebnis ist eine stetig wachsende, ganz persönliche Sammlung von Wunschzielen, Tracks und Übernachtungsplätzen, die man auf unterschiedlichste Art für zukünftige Planungen nutzen kann.

Tipps und Gedanken zur Planung von Overland Trips

Beispiel: Wunschziele in Google Earth

Wie wir damit planen

Unsere Art des Reisens ist eine Mischform aus „Planen und treiben lassen“. Vor der Tour kopieren wir alle Ortsmarkierungen, die wir unterwegs möglicherweise besuchen möchten, in Google Earth in einen neuen Ordner und bringen sie in eine sinnvolle Reihenfolge für den Trip. Dabei ergänzen wir den Anfang des Namens jedes Waypoints mit einer vierstelligen Indexzahl – aus „Skogafoss Wasserfall“ wird so z.B. „0240 Skogafoss Wasserfall“ usw. usf.. Bei der Nummerierung lassen wir zwischen den Punkten immer eine Lücke von fünf oder zehn, um eventuell später noch neue Ziele einfügen oder einfacher umsortieren zu können. Diese Indexzahl ermöglicht es später, die Waypoints auch in anderen Programmen einfach durch alphabetische Sortierung in die richtige Reihenfolge bringen zu können. Sinnvoll kann es auch sein, sich zusätzliche, leicht erkennbare Markierungen auszudenken, um etwa Orte zu markieren, die man unbedingt und in jedem Fall sehen möchte. Das kann dann einfach ein Pluszeichen hinter der Indexzahl sein, also z.B. „3760+ Fuente De“.

Das Endergebnis wird dann kurz vor der Reise auf das Tablet übertragen und dient uns unterwegs als individueller Reiseführer – allerdings dann fast nur noch auf Offline-Karten in Locus Pro. Auf der Reise halten wir uns zwar ganz grob an diese Tour, einzelne Punkte oder Routenteile lassen wir aber immer wieder aus und erkunden statt dessen unbekanntes Terrain, das uns vielleicht gerade reizvoll erscheint. Mit anderen Worten: Wir nutzen unsere eigene Wunschliste auf dem Trip eher als „Kann“ und nicht als „Muss“.

Ein „Navi“ oder überhaupt Routing nutzen wir auf Tour nicht besonders oft, am ehesten noch auf Verbindungsetappen und in größeren Städten (die wir aber eh lieber meiden). Die eigentliche Navigation erfolgt komplett manuell an Hand von Karten – nur dass diese eben digital und nicht aus Papier sind. Neben den OSM mapsforge Vektorkarten kommen auch immer digitalisierte Topokarten, möglichst im Maßstab 1:50.000 oder 1:100.000, mit auf das Tablet. Als absoluter „Notnagel“ sind immer auch Papierkarten an Bord.

Ab in die Cloud!

Generell hat es sich als praktisch erwiesen, nicht nur eine Sicherheitskopie des aktuellen Trips in der Cloud zu speichern, sondern die gesamte Liste für alle Länder (oder gleich die gesamte myplaces.kml von Google Earth) regelmäßig in die Cloud zu legen, um in jedem Fall von (fast) überall an die Daten kommen zu können. Wir haben dort auch noch einige weitere Waypoint-Listen liegen, die man möglicherweise irgendwann irgendwo mal brauchen könnte. Ob man nun Google Drive, OneDrive, Dropbox, ownCloud, Seafile oder einen anderen Dienst verwendet, bleibt jedem selbst überlassen. Wenn man dann kurz vor Reisebeginn nochmal Handy und/oder Tablet synchronisiert bzw. die Dateien herunterlädt, stehen sie unterwegs auch offline zur Verfügung.

Übernachtungsplätze

Zum Thema „Stell- und Campingplätze“ haben die Mädels von Giraffe13 in ihrem Blog einen schönen Artikel, den ich hier nur ein wenig ergänzen möchte. Die Auswahl und Entscheidung für einen Übernachtungsplatz findet bei uns immer unterwegs und spontan statt. Trotzdem schauen wir vorab durchaus, ob und was für Campingplätze es im Zielgebiet denn so gibt. Richtig praktisch – sowohl unterwegs als auch im Vorwege – sind die Waypoint-Listen von Archies Campings. Zwar finden sich dort kaum Infos zu den Plätzen, dafür ist die Datenbasis unübertroffen umfangreich. Auch beim „Vorgucken“ ist Google Earth übrigens ganz hilfreich – manchmal finden sich da bei näherem Hinsehen wunderbar gelegene, kleine Campingplätze, wo man Naturnähe und Ruhe mit Ver-/Entsorgung und dem Komfort einer warmen Dusche kombinieren kann, wenn man mal nicht frei stehen möchte, kann oder darf. Solche Plätze landen auch in unserer Liste und wenn unterwegs so einer in der Nähe ist, ziehen wir den natürlich den großen, asphaltierten Riesenplätzen vor.

Tipps und Gedanken zur Planung von Overland Trips

Schlussbemerkung

Dieser Text kann kaum jeden Aspekt unserer Art der Planung beschreiben und wahrscheinlich wird es sowieso kaum jemanden geben, für den all das ganz genau passt. Aber wenn ein Leser bzw. eine Leserin hier auch nur einen kleinen Tipp für sich herausziehen kann, hat der Beitrag seinen Zweck schon erfüllt. In diesem Sinne: Fröhliches Planen und gute Reise!

 

Zuletzt geändert: 29.02.2020

Es gibt 6 Kommentare zu :
Tipps und Gedanken zur Planung von Overland-Trips

  1. Torsten sagt:

    Sehr gut geschrieben da wir Neulinge sind auf diesem Gebiet für uns bis jetzt der beste Beitrag womit sich wirklich was anfangen läßt. Gut verständlich geschrieben.

    Gruß Torsten

    1. Michael Grube sagt:

      Hallo Torsten! Vielen lieben Dank für diesen netten Kommentar – das Bloggen macht um so mehr Spaß, wenn der eigene Output anderen Leuten auch etwas bringt. Ich wünsche Dir anregende Planung und schöne Reisen!
      Mike

  2. Steffi sagt:

    Hallo Michael, toller Artikel. Deine Sehnsuchtsortsammlung und Reiseplanung in Google Earth finde ich genial. Hat mich auf viele Gedanken gebracht. Ich kämpfe auf unsererm Afrika-Trip allerdings mit dem stabilen WLAN. Kartenmaterial hatte ich zwar zu Hause synchronisiert, aber eine Nachrecherche auf Google Earth ist leider nur selten möglich. Hast Du vielleicht noch einen Tipp, wie man etwas Google Earthiges auch offline kriegt?

    Lieben Gruß aus Durban, Steffi

    1. Michael Grube sagt:

      Moin Steffi!
      Freut mich sehr, wenn meine Tipps anderen helfen oder sie auf gute Ideen bringen – besseres Feddback kann man ja kaum bekommen!
      Euch weiter eine gute Reise!
      Mike

  3. nik sagt:

    Schöner Artikel. Archiescampings kannte ich noch nicht. Danke für den Tipp. Eine Lieblingsziele-Liste anzulegen ist eine nette Idee, das werd ich auch mal machen. Zum Finden von Zielen eignet sich Pinterest sicher sehr gut. Liebe Grüße, nik

    1. Michael Grube sagt:

      Na, dann hat der Beitrag ja schon einen ersten Sinn gezeitigt. Danke für die netten Worte!

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