Auf diese Reise hatte ich mich lange gefreut und war am Start entsprechend aufgekratzt. Aus unserer letztjährigen Rallye-Teilnahme habe ich die Angewohnheit beibehalten, Ereignisse des Tages aufzuschreiben. Ein vorgegebenes Roadbook gab es für diese Tour natürlich nicht, aber wir hatten uns im Vorfeld Punkte ausgesucht, die wir gerne besuchen würden und sind diese dann auch zum großen Teil angefahren. Die Idee mit dem Roadbook gefiel mir jedenfalls so gut, dass ich angefangen habe, ein Reisetagebuch zu führen. Ich führe das Tagebuch so richtig „old school“ in Form eines kleinen Büchleins, in dem ich jeden Tag meine gesammelten Eindrücke notiere.
Für unseren Trip wählten wir die Fährverbindung Ijmuiden – Newcastle, mit der „Princess Seaways“. Die Anfahrt nach Ijmuiden verlief relativ reibungslos, nur in der Amsterdam Area standen wir etwas über eine Stunde im Stau. Zum Check-In, bei DFDS Seaways waren wir trotzdem super pünktlich. Nachdem wir den HILUX auf die Fähre verfrachtet hatten, schauten wir uns unsere Kabine an und erkundeten das Schiff. Das Ablegemanöver erfolgte mit eineinhalbstündiger Verspätung, von der wir auf der Stecke aber eine knappe Stunde aufholten, so dass wir nur mit 40 Minuten Verspätung in Newcastle anlegten. Nach einer recht unruhigen Nacht mit schrecklich knirschenden Deckenplatten und einem sehr gut hörbaren Schiffsdiesel auf Deck 4 gönnten wir uns morgens vor Ankunft ein tolles Frühstücksbuffet. Bei strahlendem Sonnenschein fuhren wir in Newcastle von Board und machten uns gleich auf den Weg nach South Queensferry. Die Forth Bridge, erbaut von 1882 – 1890, war unser erstes Ziel. Damals war es weltweit die Brücke mit der größten Spannweite. Schon auf dieser kurzen Strecke zwischen Newcastle und South Queensferry bemerkten wir einen ersten Landschaftswechsel. In der Tierpopulation lagen die Schafe erwartungsgemäß ganz weit vorn, gefolgt von Kühen und einigen Pferden. Sogar ein Fasan lief uns über den Weg.
Bei super Wetter, Sonnenschein und ca. 22°C machten wir einen Abstecher zum Loch Lomond. Dass Mitte Mai dort schon richtig viel los sein würde, hatten wir nicht erwartet – und schon gar nicht, dass Leute im See baden. Eigentlich wollten wir anschließend ganz schnell mal kurz durch Glasgow Richtung Süden fahren. Wie sich zeigte, war das eine echte Schnapsidee und so quälten wir uns auch noch ein zweites Mal für den Rückweg durch den elenden Berufsverkehr. Trotz des Staus war es ein sehr netter Tag, den wir mit Bratwurst auf dem Grill ausklingen ließen. Was ich bisher noch gar nicht kannte, nun aber schon zum zweiten Mal auf einem Schild an der Straße gelesen hatte, war, dass Campingplätze „Home Caravans“ zum Kauf anbieten. Das für mich daran Merkwürdige war, dass es sich um auf den Campingplätzen fest stehende Objekte handelte. Die Dinger sind keine Caravans, sondern eher feststehende Mobile Homes oder Hütten (wie man sie aus Skandinavien kennt). Unser Besuch im „Highland Titels Natur-Reservat“ war ein riesiger Spaß, denn unser bester Freund besitzt dort einen Quadratfuß (also 30cm x 30cm) Land, welches wir ihm vor Jahren aus Fun geschenkt hatten und bei unserem Besuch nun „annektierten“. Jetzt muss er nach Schottland reisen, um sein Land zurückzuerobern…
In der Nähe von Fort William gab unsere selbst aufblasende Isomatte den Geist auf, na ja, nach heil kommt kaputt. Glücklicherweise war es kein all zu großes Unglück da wir nur ein paar Meilen nach Fort William zurück fahren mussten. In der High Street wurden wir schnell fündig und düsten zur Fähre Richtung Isle of Mull. Am Anleger mussten wir nicht lange auf die Fähre warten, was für ein Glück. Kurz nach unserer Ankunft in Fishnish hielten wir etwas außerhalb an einem alten Friedhof und schauten uns dort alte Grabsteine im keltischen Stil und die Ruine der Kapelle an. Wir waren schon auf dem Weg zum HILUX, als ein Nissan Patrol von der Straße abbog und neben unserem Fahrzeug parkte. Der Fahrer interessierte sich für unsere Kabine und freute sich, das er auch einen Blick ins Innere werfen konnte. Als wir ins Fahrzeug stiegen, um weiter zu fahren, begann es das erste Mal zu regnen. Wir folgten unserer Route in nordwestlicher Richtung und fuhren am nächsten Tag mit der Fähre von Tobermory nach Kilchoan zurück aufs Festland. Auf Single Track Roads (ich liebe diese Strecken) fuhren wir zum Ardnamurchan Leuchtturm. Die Küste dort ist echt schön, auch wenn es recht stürmisch war. Im zum Leuchtturm gehörenden Coffeeshop haben wir einen lecker Kaffee getrunken. Unser Nachtquartier schlugen wir mit tollem Blick aufs Wasser in Resipole Farm auf.
Zur Fähre von Mallaig nach Skye war es gar nicht mehr weit, aber da wir uns im voraus nicht auf eine Uhrzeit festlegen wollten, hatten wir auf eine Reservierung verzichtet. Das wurde in Mallaig sofort bestraft – also entweder eine Überfahrt am Folgetag reservieren oder den Landweg über die Brücke nach Skye nehmen. Ohne Zögern entschieden wir uns für den Landweg, kamen erneut an Fort William vorbei und stolperten geradezu über Eilean Donan Castle, das unter anderem als Filmdrehort für „Highlander“ und zwei Bond-Filme diente. Bei einem weiteren Zwischenstopp am Tioram Castle wurden wir auf dem Parkplatz von anderen Besuchern aus irgendeinem Grund für Südafrikaner gehalten, mag wohl an unserem Fahrzeug liegen.
Pfingstsonntag, wir sind schon eine Woche unterwegs und haben auf Skye durch einen Zufall eine richtig coole, ca. 3 Meilen lange Steinpiste entdeckt. Auch wenn der Weg eine Sackgasse ist, war er genau das Richtige für uns – einsam und wunderschön. Ich hatte zwar vor Reiseantritt mit einer großen Menge Schafe gerechnet, aber das ist aus meiner Sicht eine glatte Untertreibung. In Schottland gibt es scheinbar unendlich viele Schafe und zu dieser Jahreszeit noch viel mehr Lämmer. Einige davon sind nicht mal richtig scheu und lassen einen bis auf ca. zwei Meter an sich heran. Ein paar besonders mutige Schafe forderten uns sogar lautstark blökend auf, ihnen eine Pforte zu einem alten Friedhof zu öffnen. Sehr speziell das Ganze. Und last not least trafen wir teilweise auch auf der Straße so richtig klassische Highland-Rinder mit echt langem Fell und erwachsenen Hörnern, sehr fotogen.
Nach einem guten Frühstück machten wir uns am Pfingstmontag auf den Weg nach Carbost, um die Talisker Distillery zu besuchen. Die ca. 45-minütige Tour war recht interessant und endete für alle, die wollten, mit einer Whiskey Probe. Wir machten uns auf den Weg zum Museum of Island Life. Dort konnte ich mir sehr gut vorstellen wie hart das Leben früher in der Gegend für die Menschen war.
Vor Beginn unserer Reise hatte ich angenommen, dass Schottland recht dünn besiedelt wäre, aber weit gefehlt. Für meinen Geschmack ist die Bevölkerungsdichte einfach dem ländlichen Raum angemessen. Bei unseren Reisevorbereitungen waren wir auch über Schottlands angeblich „gefährlichste Straße“, die Bealach na Bá gestolpert. Die wollte ich natürlich unbedingt fahren. Als wir dann endlich da waren, war meine Enttäuschung riesengroß. Ich hatte mir die Strecke aufregender und spektakulärer vorgestellt und nicht wie halt einfach eine Single Track Road. Aber so ganz ohne sind manche der einspurigen Straßen in Küstennähe nicht. Wir trafen auf einem Küstennahen Teilstück auf einen PKW, der von der Straße gerutscht war und vorn links fest saß, bzw. auflag. Dank vieler hilfsbereiter Hände kam er schnell frei und die Straße wurde wieder passierbar. Der Dauerregen und der kalte Wind lud uns jedenfalls nicht zu großartigen Outdooraktivitäten ein. Zur Teatime gönnten wir uns im General Store von Torridon einen Kaffee und stockten unsere Vorräte auf. Gegen Abend beruhigte sich dann auch das Wetter und vereinzelt war sogar die Sonne zu sehen.
Loch Ewe Naval Base Küstenverteidigungsanlage – seit 1999 steht hier ein Gedenkstein zur Erinnerung an die Gefallenen. Hier führte während des zweiten Weltkrieges die arktische „Russian Convoy Route“ vorbei. Über 3000 Mann verloren auf dieser Route zwischen Schottland und Russland ihr Leben. Viele von ihnen fielen den deutschen U-Booten zum Opfer. Auf dem Areal sind noch etliche der Gebäude und Fundamente erhalten und können angeschaut werden.
Im weiteren Verlauf der Küstenstrecke kamen wir durch Ullapool und entdeckten ein Fahrzeug, ähnlich groß wie die früheren Fahrbüchereien in den ländlichen Regionen Deutschlands. Allerdings handelte es sich bei unserer Entdeckung um ein Fahrzeug der „Royal Bank of Scotland“ mit der Aufschrift „Bank on Wheels“. Uns waren ähnliche Fahrzeuge schon in den Tagen zuvor mehrfach aufgefallen, ohne dass wir näher darauf geachtet hätten. Da es in den kleinen Küstenorten keine Banken gibt, hat die Bevölkerung so die Möglichkeit, ihre Bankgeschäfte in einer fahrbaren Bank zu tätigen. Das Fahrzeug hat sogar eine recht erwachsene Satellitenschüssel auf dem Dach. Leider bot sich uns keine Gelegenheit, mal einen Blick in den „Schalterraum“ zu werfen.
Unser Nachtquartier schlugen wir in einer Bucht bei Achmelvich auf. Anfangs hatten wir Bedenken, ob wir dort aufgrund der recht starken Böen überhaupt mit unserem Aufstelldach bleiben können. Aber so gegen 21:30 Uhr legte sich der Wind ein wenig, so dass wir blieben. Die Nacht war dann allerdings doch recht kurz, denn es gab andauernd Sturmböen. Bedingt durch das Aufstelldach schaukelte das Fahrzeug erheblich, so dass wir mehrmals in der Nacht aufwachten. Ab 5:30 Uhr war dann nicht mehr an Schlaf zu denken. Wir packten alles zusammen und fuhren mit dem Entschluss, irgendwo unterwegs zu frühstücken, los. Ab ca. 9:00 Uhr setzte dann zur Belohnung auch noch heftiger Regen ein. Sturm und Regen, wie toll. Trotz der Böen blieben wir bei unseren Plan und folgten der Küstenstraße. Die Berggipfel der Highlands befanden sich meistens oberhalb der Wolkendecke und hinterließen so in unseren Köpfen ein eher düsteres Szenario. Gegen 21:00 Uhr ließ der Regen nach, die Wolkendecke riss auf und wir bekamen ein paar Sonnenstrahlen zu sehen. Auch der Wind ließ nach, so dass es sich deutlich milder anfühlte. Die Mücken fanden das auch. Belohnt haben wir uns zum Abendessen mit einer Fischspezialität. Skate (Rochen) wollten wir schon immer mal probieren und nutzten hier die Gelegenheit. Satt und zufrieden ließen wir den Abend entspannt ausklingen und freuten uns auf eine ruhige Nacht in unserer Kabine.
Was wäre eine Schottland-Reise ohne ein „Full Scottish Breakfast“? In Lairg wagten wir uns an die regionale Küche. In einer netten Bar orderten wir jeweils ein „Full Scottish Breakfast“, eben das volle Programm – so mit Black Pudding und Haggis. Dabei hatte ich mir noch bei unserer Ankunft in Schottland geschworen, Haggis auf gar keinen Fall zu probieren. Glücklicherweise waren die entsetzten Schreie in meinem Kopf für die anderen Gäste nicht hörbar. Aber es half alles nichts, denn wir hatten uns darauf geeinigt, das große Experiment zu wagen. So im Nachhinein kann ich sagen, dass der Black Pudding interessant gewürzt war, aber den muss ich nicht noch mal haben. Die große Überraschung für mich war Haggis. Wenn ich den Kopf abschalte und nicht darüber nachdenke, was ich gerade esse, dann erscheint mir Haggis dem bei uns üblichen Corned Beef geschmacklich ziemlich nahe, nur ein wenig grober. Michael hat das ganze Frühstück sogar ziemlich gut geschmeckt. Wenn ihr nach Schottland fahrt, kneift nicht, sondern probiert Haggis und Black Pudding!
Ein für uns absolutes Muss war auch, einmal durch Inverness zu cruisen und anschließend die Steingräber „Clava Cairns“ ganz in der Nähe zu besuchen. Nicht zu vergessen „Fort George“, was ebenfalls auf unserem Besuchsprogramm stand. In Fort George war Michael böse und reizte die sich etwas unverschämt benehmenden Möwen für deren Geschmack wohl ein wenig zu sehr. Die Rache der Möwen war furchtbar und ein Fleck auf der Jacke …
In der Nähe des Cairngorms Nationalparks trafen wir auf den Malt Whisky Trail und folgten diesem ein Stück weit in Richtung Süden. Natürlich sind wir dabei nicht ohne Umwege ausgekommen und stolperten schon auf dem Weg dem zum Highland Folk Museum über eine recht große Ruine auf einer Anhöhe. Das mussten wir natürlich unbedingt näher untersuchen und stellten vor dem Eingang fest, dass es sich hierbei um eine ca. 1721 von den Engländern errichtete Kaserne, den Ruthven Barracks, handelte, die jedoch später von den Jakobiten erobert wurde. Und da wir schon in der Ecke unterwegs waren, schauten wir uns Schottlands höchst gelegene Whisky-Destillerie, die Dalwhinnie Distillery an. Unsere Landpartie weiter fortsetzend schlugen wir unser Nachtquartier in der Gegend von Stirling auf.
Um am übernächsten Tag pünktlich an der Fähre zu sein, machten wir uns straight gen Süden auf, über schöne kleine Straßen durch den Kielder Forest, der bereits zu Northumberland gehört. Unsere Route führte uns dabei an Schottlands einzigem Tibetanischem Kloster vorbei, der „Kagyu Sanye Ling Monastery“. Was für ein merkwürdiger Anblick in dieser Landschaft, in der man so etwas nun wirklich nicht erwarten würde. Weiter ging es dann bis Bellingham und von dort aus am nächsten Morgen die letzten 1,5 Stunden Fahrzeit bis zur Fähre. Zum Abschied gönnten wir uns in Bellingham ein English Breakfast. Es war ein perfekter Start in den Tag.
Das Check in an der Fähre nutzte ich für ein Resümee unseres Schottland Trips. Zum guten Schluss noch ein paar Anmerkungen und Beobachtungen aus dem ländlichen Schottland (Städte haben wir ja weitgehend gemieden…):
Wir hatten Unmengen an Land Rover Defender erwartet und angenommen, Pickups wie der HILUX seien in Schottland eher nicht so verbreitet – diese Vermutung lässt zum Teil auch die intensive Betrachtung von Google Street View zu. In den letzten Jahren scheint sich das aber geändert zu haben, der Defender stirbt scheinbar so langsam aus. Dafür haben wir weitaus mehr Toyota HILUX gesehen als erwartet, er scheint den Defender nach und nach als Lastesel abzulösen.
Zwischen Autofahrern und Fahrradfahrern gibt es scheinbar auf beiden Seiten ein viel toleranteres Miteinander als hierzulande. Beide respektierten und tolerierten sich, besonders auf den schmalen Straßen. Radfahrer, die rote Ampeln ignorieren und mit einer „mir doch egal“-Haltung unterwegs sind haben wir ebenso wenig gesehen wie Autofahrer, die Radfahrer rücksichtslos behandeln. So etwas würde ich mir für Deutschland wünschen.
Nachhaltig bleibt auch der bereits erwähnte (durchaus sympathische) Eindruck, den die zahllosen Schafe hinterließen. Sie liegen und stehen halt fast überall neben und auf den kleineren Straßen herum. Selbst nachts hörten wir häufig das omnipräsente, beruhigende Bäh, Böh und Mäh.
Das Wetter darf gern noch ein wenig üben, denn oft regnete es und der Wind pfiff an der Küste auch anständig. Aber egal, Schottland, wir kommen bestimmt wieder. Die Highlands sind einfach ein Traum.
Zuletzt geändert: 13.02.2024
Danke für eure tollen Berichte. Wir fahren Ostern in die Highlands. Welches war die Schotterpiste und Sackgasse mit den vielen Schafen auf Skye? Richtung Glenbrittle?
Moin Oliver!
Das war die Strecke nach Suisnish – viel Spaß unterwegs!
Michael
Hallo Christel,
Sehr schöner Bericht. Ich bin in 2 Wochen auch dort und einige Deiner Touren würde ich gerne nach fahren.
Wäre es möglich, dass Du mir die GPS Daten zur Verfügung stellst?
Das wäre super.
Viele Grüße
Ralf.
Hallo Ralf!
Danke für Deinen netten Kommentar. Den Track findest Du – wie viele unserer Reisen – auf unserer Wikiloc-Seite.
Viel Spaß unterwegs und gute(s) Reise(n)!